"In den siebziger Jahren hab ich in Hamburg die
schönsten Parties gemacht. und dabei entdeckte ich, daß ich Menschen
zusammenbringen kann." Der Mann, der heute als Vize-Chef der
Haupt-TV-Abteilung Unterhaltung beim NDR fungiert, hat Volkswirtschaft,
Politik und Geschichte studiert, arbeitete im Wirtschaftsressort der Zeit,
ehe er 1975 zum Medium Fernsehen überwechselte. Im NDR-Dschungel fällt
Wolfgang Bremke alt Zirkusdirektor heraus, der expansiv und unangefochten
18 mal im Jahr die NDR-Talkshow inszeniert.
Bremke, 45 Jahre, Manager des Miteinanderredens auf der
matten Scheibe, versteht es, auf Fragen zu antworten, ohne Substantielles
mitzuteilen. Seine Talkshow hat mit 16 Prozent die höchste Einschaltquote
der NDR-Sendungen. So kann er sich erlauben, Diva und Despot zugleich zu
sein. Der mittelgroße Mann mit dem kalkulativen Blick eines
Börsenmaklers, dem scharf konturierten Mund, der genau weiß, was er
sagen und nicht sagen will, hat sich ein glatten, dickes Fell zugelegt -
wie das des NDR Walrosses Antje. "Wolfgang Bremke ist ein Phänomen, wenn
es ihn nicht gäbe, müßte man ihn erfinden. Nur jemand wie er kann diese
Art von Unterhaltung machen, kann diese Talkshow vertreten", heißt
es über ihn.
Seit in den siebziger Jahren die Welle des .Laßt uns
ruhig mal drüber reden" losbrach. hat sich das Sofa-Sit-ln als eine
Form der Unterhaltung - übrigens eine der billigsten in der Herstellung -
auf dem Bildschirm etabliert. Die N III - Talkshow gilt als die
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bevorzugte unter den mittlerweile 30 einschaltbaren
Variationen. Ihre Mischung aus Small-Talk, Musikgruppen oder Playback-Darbietungen, Tingeltangel und
Prominentenklatsch kommt an bei einem
Volk, dessen Geschmack vom Otto-Versand-Katalog geprägt ist.
Was ist Unterhaltung? Alles, was nicht langweilt oder
gar anstrengt. Da sind sich Dieter Thomas Heck, Wim Thoelke und Wolfgang
Bremke einig. Und was strengt an? Verweilen! Hier ist Wolfgang Bremke
seinesgleichen voraus. Der Journalist. dessen unruhiger Blick ein
Gegenüber immer auch auf den Unterhaltungswert abschätzt, kennt vor
allem ein Reizwort: Monothematisch! Nichts nervt mehr als Dauerdiskussion,
als ausufernde Unwägbarkeit bei einer Sendung, die doch wegen ihres
Life-Charakters eingeschaltet wird.
Bremke hat ein Gespür dafür, was die Zuschauer
wollen: Ein bißchen Politiker, ein bißchen Schauspielerin, eine
angeknackste Sportlerseele im On, ein heruntergelassenes Dekolleté im
Off, garniert mit etwas Nebelwallen und ein paar Spritzern
Second-Hand-Sound. Geht es irgendwann doch einmal zur Sache, heißt die
Devise: "Brich ab, wenn es am schönsten ist! Damit auch Sie mitreden
können!" Da ist der Bremke Anchorman, der den Kameras nervös sein
"Stop und Go" diktiert, der die Vor-Ort-Zuschauer drangsaliert,
der, reißt dann immer noch kein Strick, selber die Leinen kappt...
Christine Böer
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